Rot-Weiss Ffm. mit unerklärlichem Auftritt

SG Rot-Weiss Frankfurt – Spvgg. 05 Oberrad 2:5 (2:1.) Die Spvgg. 05 Oberrad hat auch im Jahre 2016 den Frankfurter Kreispokal gewonnen.

Im Endspiel des innerstädtischen Pokalwettbewerbes setzte sich der Hessenligist am Mittwochabend auf neutralem Platz (Sportanlage des SV Viktoria Preußen 07 ) gegen Ligakonkurrent SG Rot-Weiss Frankfurt mit 5:2 durch und verteidigte den im Vorjahr gegen den gleichen Gegner errungenen Titel. Damit sind die Oberräder auch in der kommenden Saison im Hessenpokal vertreten, während die “Roten“ nur im Falle des Regionalliga-Aufstieges am hessischen Pokalwettbewerb teilnehmen können

Beiden Hessenligisten kam der Termin des Kreispokalendspiels mitten in der heißen Phase der Saison eher ungelegen. Rot-Weiss kämpft noch um die Meisterschaft und den damit verbundenen Regionalliga-Aufstieg und hat am Samstag das Auswärtsspiel bei Borussia Fulda vor der Brust. Oberrad steckt dagegen mitten im Kampf um den Klassenerhalt und reist am Samstag nach Nordhessen zum ebenfalls abstiegsbedrohten OSC Vellmar. Dementsprechend war Vorsicht bei beiden Mannschaften geboten. Nominell war das Team von RW-Trainer Daniyel Cimen etwas besser besetzt. Immerhin sechs Spieler aus der Anfangself im Topspiel gegen Watzenborn-Steinberg nominierte der Coach für das Kreispokalendspiel. Bei den Oberrädern fehlte der am Freitag zum Saisonende zurückgetretene Cheftrainer Mustafa Fil, der beruflich verhindert war. Auch sein Co-Trainer Gültekin Cagritekin war auf der Sportanlage Nord nicht zugegen, er erholte sich von einer Knieoperation. Somit trug Murat Fil die Verantwortung für die Mannschaft, der auch mit auf das Spielfeld auflief. Nur fünf Spieler aus der Anfangself gegen den SV Wiesbaden waren auf dem Kunstrasenplatz an der Hügelstraße mit von der Partie. Überraschend lief mit Akin Emre Fil sogar ein Akteur aus der SOMA bei den 05ern ein.

Park bringt Oberrad nach vorne – Marcetas Doppelpack bringt die “Roten“ in die Spur

Es gab kein kurzes Belauern, sondern zu Beginn ging es gleich zur Sache. Thomas Prasler tauchte schon nach 30 Sekunden frei vor Oberrads Torhüter Hrvoje Vincek auf, aber der Kroate war auf seinem Posten. Zwei Minuten später war auf den Keeper erneut Verlass, als es Cem Kara aus der Distanz versuchte. Auf der Gegenseite waren es die etwas „betagteren“ Herren Murat Fil und Akin Emre Fil, die etwas Ordnung in die zusammengewürfelte Oberräder Truppe brachten. Insbesondere Emre Fil, dem Mann aus der SOMA, merkte man deutlich an, dass er das Tempo konditionell nicht mitgehen konnte. Aber wenn er den Ball bekam, spielte er ihn auch sauber ab oder hatte eine gute Passidee. Er traute sich auch den Torabschluss zu, wie auch in der vierten Minute, als sein Schuss aber weit über das Tor von RW-Torhüter Takidis ging. Kurz zuvor hatte Prasler auf Seiten des Favoriten den Pfosten getroffen. Die 05er versuchten es mit Kontern über den agilen Südkoreaner Jongin Park, der gleich in zwei Situationen zum Abschluss kam, das Spielgerät aber jeweils über die Querlatte platzierte. Dann aber war Park erfolgreich, als er zum wiederholten Male steil geschickt wurde und Takidis mit einem Schuss in das lange Eck zum 1:0 für Oberrad überwand (18.). Die kicker vom Brentanobad schienen etwas geschockt, schlugen ihrerseits aber prompt zurück. Damjan Marceta netzte eine Hereingabe von der linken Seite aus kurzer Distanz zum 1:1 ein (22.). Danach verflachte die Partie, zeitweise hatte man das Gefühl bei einem Freundschaftsspiel in der Sommervorbereitung zu sein. Vor allem auf Seiten des Aufstiegsanwärters war kein Feuer und keine Leidenschaft drin, die Oberräder Rumpftruppe hielt ordentlich mit. Was auch fehlte, waren die lautstarken Anweisungen von der Oberräder Trainerbank. Ohne Mustafa Fil war es merklich ruhig, manch einer vermisste das hektische Treiben des scheidenden Coaches an der Seitenauslinie. Somit blieben Torchancen bis zur Halbzeit Mangelware. Prasler auf Seiten der “Roten“ und Park bei Oberrad versuchten es aus der Distanz, mehr gab es nicht zu berichten, bis sich Marceta aus gut und gerne 30 Metern ein Herz fasste und den Ball quasi mit dem Halbzeitpfiff zum 2:1 für Rot-Weiss im Kasten unterbrachte (45.).

Atzberger gleicht aus – Erdogan mit lupenreinem Hattrick

Die 150 Zuschauer sahen dann zu Beginn der zweiten Hälfte zwei personell etwas veränderte Mannschaften. Cimen brachte mit Ko Sawada einen seiner Topleute und mit Calvin Rufino ein hoffnungsvolles Talent. Auf der Gegenseite nahm sich Murat Fil selbst aus der Partie und stellte sich fortan an die Seitenlinie. Zudem war nach einer Halbzeit auch der ungewöhnliche Auftritt von Akin Emre Fil beendet. Mit George Worcester und Ertugrul Erdogan kamen gestandene Hessenliga-Spieler in die Begegnung. Und das Spiel nahm plötzlich eine klare Wendung, denn die “Roten“ agierten jetzt noch pomadiger und noch lustloser. Parks abgefälschter Schuss und ein Kopfball von Erdogan, den Tim Fliess vor der Linie rettete, war die erste Warnung für den Favoriten. Nach einer feinen Vorlage von Park glich Aljoscha Atzberger aus kurzer Distanz zum 2:2 ab (54.). Und mit Erdogan hatte Murat Fil praktisch den Sieg eingewechselt. Sensationell, wie Erdogan nach einem langen Ball in die Spitze Takidis umspielte, um den Ball dann im vollen Lauf mit der Hacke in das Tor zu bugsieren – 2:3 (65.). Kurz darauf verweigerte Schiedsrichter Vincent Schandry, übrigens ein Gruppenligaspieler des 1. FC-TSG Königstein, einem Treffer von Atzberger wegen Abseitsstellung die Anerkennung. Die “Roten“ wirkten konsterniert und fanden keine Lücken im aufmerksamen Abwehrverbund der Oberräder. Was sich auch durch die Hereinnahme von Torjäger Varol Akgöz für den schwachen Andre Fliess kaum änderte. Oberrad lauerte auf Konter und war damit erfolgreich. Der ansonsten über Minuten-Einsätze nicht hinauskommende Atzberger lief zehn Minuten vor dem Ende alleine auf das Tor zu und scheiterte an Takidis. Der Ball landete aber bei Erdogan, der sich die Kugel am Sechzehner seelenruhig zurechtlegte und in den rechten Winkel donnerte – 2:4 (80.). Das war das Highligjt des Abends und als in der folgenden Szene Anil Mus den Oberräder Gürsoy im Strafraum unmotiviert umriss, gab es natürlich Foulelfmeter, den Erdogan trocken zum 2:5-Endstand verwandelte (82.). Ein lupenreiner Hattrick von Ertugrul Erdogan. Von Rot-Weiss kam da an diesem rabenschwarzen Abend schon lange nichts mehr. Oberrad revanchierte sich damit auch für die beiden Niederlagen zu Beginn der Hessenliga-Saison im August (1:3/0:5) und tankte Selbstvertrauen für das wichtige Spiel in Vellmar.

Murat Fil: “Wichtig war der Spaß am Fußball“.

“Ich bin sehr zufrieden und natürlich war das ein etwas überraschendes Ergebnis. Aber ich habe von vornherein gesagt, dass es egal ist wie wir spielen oder wer spielt. Ich will das Ding gewinnen und das Wichtigste ist, dass wir Spaß am Fußball haben. Das Punktspiel am Samstag ist natürlich viel wichtiger. Ich habe gesagt, dass das eine sehr gute Trainingseinheit ist. Aber mit einem gewissen Ehrgeiz, um das Ding zu gewinnen. Ich bin sehr glücklich über den Pokalsieg“, freute sich Oberrads Co-Trainer Murat Fil über den Pokaltriumph. “Mein Plan war, dass wir mit dem 1:1 in die Halbzeit reingehen und dann haben wir leider aus der Halbposition im Mittelfeld den Ball verloren und das 2:1 kassiert. Rot-Weiss ist so stark, dass sie das direkt bestrafen. Erti war überragend, er kann locker eine oder zwei Klassen höher spielen. Ich bin sehr zufrieden, wie wir uns bewegt haben und Fußball gespielt haben. Das habe ich auch gefordert und ich bin sehr zufrieden“, freute sich Fil. Der Rücktritt von Mustafa Fil habe die Spieler nicht beschäftigt: “Bei der Mannschaft ist das kein Thema, weil unser Ziel die Sensation ist, sprich in der Hessenliga drinzubleiben. Was der Verein denkt, weiß ich leider nicht so genau. Erst müssen wir drinbleiben und dann wird man weiter sehen. Das ist in Oberrad leider so. Andere Vereine haben im Februar alles geplant, und bei uns weiß im Mai keiner, wie es weitergeht. Die Jungs haben eine Superrückrunde gespielt und ich traue ihnen alles zu. Wir können mit der passenden Einstellung die beiden Spiele locker gewinnen. Wenn wir mit so einem Spaß wie heute da reingehen, sehe ich alles positiv“, ist Murat Fil in Sachen Klassenerhalt guter Dinge.

Daniyel Cimen: “Ich kann diese Leistung nicht erklären“.

“Wir hatten nicht einen Spieler, der heute bei der Sache war. Das muss man ganz deutlich so sagen. Ich bin maßlos enttäuscht und ich kann diese Leistung nicht erklären. Zwei Wochen vor Rundenschluss stehen wir noch voll im Saft und bei uns geht es um etwas. Dann kommt so eine Leistung bei rum. Einige waren mit dem Kopf schon in Fulda. Diese Leistung trägt dazu bei, dass wir einige Positionen, wenn nicht sogar alle, überdenken müssen. Mit so einer Leistung werden wir in Fulda definitiv untergehen. In dieser Phase so eine Leistung abzuliefern ist sehr enttäuschend und mir fehlen da die Worte“, meinte der erboste RW-Trainer Daniyel Cimen zum lustlosen Auftritt seiner Schützlinge. “Beide Mannschaften wollten sich nicht wirklich wehtun. Es war ein lauer Sommerkick und mir fehlen die Worte für die Leistung meiner Mannschaft“, war der Coach nach der Partie sichtlich geschockt.

Die Partie im Stenogramm:

SG Rot-Weiss Frankfurt: Takidis; Tim Fliess, Mus, Kadir Fil, Andre Fliess (58. Akgöz), Marceta, Lundy, Kunisch (46. Sawada), Scholten (46. Rufino), Kara, Prasler – Trainer: Daniyel Cimen

Spvgg. 05 Oberrad: Vincek; Budimir, Günther, Akin Emre Fil (46. Worcester), Atzberger, Gürsoy, Kazmierczak, Park (79. Wolf), Mezimi, Murat Fil (46. Erdogan), Davulcu – Trainer: Murat Fil

Schiedsrichter: Vincent Schandry (Königstein). Zuschauer: 150

Tore: 0:1 Jongin Park (18.), 1:1 und 2:1 Damjan Marceta (22./45.), 2:2 Aljoscha Atzberger (54.), 2:3, 2:4 und 2:5 Ertugrul Erdogan (65./80./82., Foulelfmeter)

Quelle “main-treffer“ Pedro Acebes
Fotos: Mithat Gürser