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15.Mai 2021, Wichtige Meldungen
Im Mittelpunkt steht die Freude am Spiel

FUNINO – Sechs Kinder, vier Tore, jede Menge Spaß – so soll die Re- form des DFB bei den Kleinsten aussehen

Drei-gegen-Drei: Eine beliebte Spielform im Fußball, die mit Sicherheit jeder Trainer, egal welcher Spielklasse, schon einmal im Trai- ning hat üben lassen. Dann meist in einer Art Turnierform auf kleinerem Feld mit Mini-Toren; natürlich ohne Torhüter. Das Trainingsziel einer sol- chen Einheit: Viele Dribblings, viel Bewegung und Zweikämpfe. Mit Blick auf den Kinderfußball sehen viele Ausbilder mittlerweile in dieser Spiel- form für die Jüngsten eine gute Entwicklungsmöglichkeit ihrer Fähigkei- ten, obgleich unter anderen als den oben genannten Aspekten.

Bei den kleinsten Kickern kennt man das Drei-Gegen-Drei-Spielprinzip unter dem Namen Funino. Was ein bisschen wie ein neuer brasiliani- scher Stürmerstar klingt, ist eigentlich eine simple Wort- Zusammensetzung aus dem englischen Wort “fun“ (Spaß) und dem spanischen Begriff “nino“ (Kind) – und beschreibt damit die Kernidee knapp, aber präzise: Die Kinder sollen Spaß haben am Fußball.

Genau den haben zu viele Nachwuchsfußballer mit den aktuellen Spielformen nicht, glauben die Experten in den Verbänden festgestellt zu haben. Grund genug für den DFB und die Landesverbände, die momentanen Wettbewerbsformen des Kinderfußballs in der G- und F-Jugend (4 bis 8 Jahre) reformieren zu wollen. In einem kostenlosen Online-Vortrag stellte der Hessischen Fußball-Verband (HFV) die Idee jüngst nochmals vor.

Am Ball bleiben und nicht die Lust verlieren

“Warum wollen wir den Kinderfußball verändern?“, lautete die eröffnende Frage des Seminars. Eine Anekdote verdeutlicht beispielhaft die Intension des Vorhabens: Sascha Wilke, einer der Referenten des HFV- Seminars und Klassenleiter des Kreisjugendausschusses an der Berg- straße, erzählt, wie er seinen Sohn zum Auswärtsspiel vom heimischen Bürstadt nach Mörlenbach fuhr. Fast 45 Minuten einfacher Weg durch den kurvigen Odenwald. Eine Tour, die dem Sohnemann gar nicht gut bekam – und alles nur, um für gerade mal zwei Minuten Spielzeit eingewechselt zu werden. “Da läuft doch etwas grundlegend falsch“, ärgert sich Wilke nicht nur, aus väterlichem Mitgefühl mit den “seekranken“ Filius. “Er ist nicht der beste Kicker, da kommt er ganz nach dem Papa. Aber er will doch nur Fußball spielen“, verdeutlicht der Südhesse die Problematik, die man mit dem Funino-Projekt anzugehen versucht: Die Kinder am Ball halten und durch Spaß am Spiel dafür zu sorgen, dass sie nicht die Lust am Fußball verlieren und aufhören.

Ein weiteres Problem der derzeitigen Verhältnisse im Kinderfußball sei der negative Einfluss von Außen durch übereifrige Eltern oder Trainer. Kinder würden durch die permanenten Anweisungen von der Seitenlinie zu “Marionetten“ verkommen, Selbstentfaltung und Spaß blieben auf der Strecke. Positionstreue und taktische Vorgaben, die in dem Alter oh- nehin meist an der Realität vorbeigingen, kollidierten nicht selten mit dem kindlichen Wunsch nach Spielfreude.

Die Lösung des Problems: Der Fußball müsse den Kindern angepasst werden, nicht andersherum. Anstatt Sieben-gegen-Sieben auf verkürztem Feld nach Regeln der Großen spielen zu lassen, brauche es die Variante mit den Dreier-Teams auf deutlich kleinerem Feld und auf vier Mini- Tore anstelle von zwei Kleinfeldtoren. Zumal diese für die Knirpse ohnehin unverhältnismäßig groß seien. Torhüter soll es keine geben, Aus- wechselspieler werden eher als “Rotationspieler“ verstanden; durch die Festlegung einer geregelten Wechselabfolge wird allen Kindern ausreichend Spielzeit garantiert. Ein undankbarer Zwei-Minuten-Einsatz, wie der von Wilke junior, soll somit vermieden werden. Und vor allem müsse man, die Kinder – auf gut Deutsch gesagt – einfach mal machen lassen. Wie beim Fairplay-Prinzip sollen sie eigenständig über Fouls entschei- den. Das fördere auch die soziale Kompetenz.

Entwickelt wurde Funino schon in den frühen 90er Jahren von Horst Wein, eben mit dem Ziel, die Anzahl der Ballkontakte je Spieler und damit den Spielspaß zu erhöhen. Dass im Namen der neuen Spielform ein brasilianischer Unterton mitschwingt und technische Finesse und Spiel- freude suggeriert werden, kommt also nicht von ungefähr. Und weniger Mitspieler bedeuten zwangsläufig mehr Ballbesitz.

“Schlechteste“ wird nicht mehr abgestraft

In Spanien, England oder Frankreich lässt man den Nachwuchs schon seit Jahren nach diesem Prinzip spielen. “Aus den Ländern kommen bekanntlich die besten Solisten derzeit“, argumentiert Christoph Liebich, Verbandssportlehrer beim HFV und ebenfalls einer der Referenten des Online-Seminars. Ganz nebenbei fördere man so auch die Talente- Entwicklung – ironischerweise sogar für die Torhüter. Die Debatte kennen schließlich viele vom Schulhof oder Bolzplatz: Der vermeintlich schlechteste Spieler wird damit abgestraft, zwischen die Pfosten zu müs- sen. Meist möchte jedes Kind Stürmer sein und Tore schießen. Beim Funino sind sie es – jede Position wird eingenommen, außer der des Torhüters.

Womit sich die Frage aufdrängt, ob dabei die Torhüter-Ausbildung nicht zu kurz kommt. Antwort des Referenten: Nein. Den kommenden Manuel Neuer zu finden, dafür sei noch ausreichend Zeit ab der E-Jugend (Alter acht bis zehn Jahre), in der sowieso erst die sensible Phase beginne und sich die jeweilige Berufung für bestimmte Positionen im Team heraus- kristallisiert. Durch Funino sei eine ganzheitliche motorische und fußbal- lerische Ausbildung gewährleistet. Gerade heutzutage zeichnet die bes- ten Torhüter ja aus, dass sie auch technisch gute Fußballer sind.

In Bayern spielt man dieses System seit der Saison 2019/2020 in den jüngsten Altersklassen auf Wettkampfebene. Auch in Hessen war ein Pi- lotprojekt für die G- und F-Jugend in jener Saison geplant. Angedacht waren sogenannte “Festivals“, die jeder Verein einmal ausrichten soll und bei dem alle Teams einer Liga zusammenkommen, um in einer Turnier- form gegeneinander anzutreten.

Doch die Corona-Pandemie grätschte dazwischen. Nun soll der nächste Anlauf gestartet werden – sobald es die Infektionslage wieder zulässt.

Funino in Stichworten

■Spielfeld: Gespielt wird auf einer Feldgröße von 20 x 25 Meter mit vier Mini-Toren (zwei Meter breit, ein Meter hoch), die je zwei Meter von der Seitenlinie eingerückt stehen.

■Spieldauer: Sie beträgt sieben Minuten, zu je sechs bis acht Spielrun- den; je nachdem, wie viele Teams anwesend sind. Zwischen den Partien sind jeweils drei Minuten Pause.

■Spielform: Drei-Gegen-Drei, gewechselt wird ein Spieler nach Torerfolg. Idealerweise gibt es maximal zwei Rotationsspieler. Torhüter gibt es kei- ne. Tore dürfen nur innerhalb einer Schusszone von sechs Metern erzielt werden. Geht der Ball ins Aus, soll eingepasst oder -gedribbelt werden. Gleiches gilt beim Anstoß nach gegnerischem Torerfolg. Beim Anpfiff stehen die Spieler auf der Grundlinie, der Ball wird von der Seite einge- rollt. Anstelle eines Strafstoßes gibt es ein Penalty, ähnlich wie beim Eis- hockey.

■ Spielleitung: Ein Feldbetreuer ersetzt den Schiedsrichter, die Kinder entscheiden selbst über Foulspiel und Wertung.

 

 

Quelle: Frankfurter Neue Presse (rku)